Demo in OS: Raus gegen Rassismus

18. Oktober 2015

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Am 16. Oktober 2015 fand in Osnabrück eine Demonstration unter dem Motto “Raus gegen Rassismus” statt (LINK: Bericht bei os1tv). Wir dokumentieren hier die Rede von NoLager: Liebe Demonstrierende, besonders alle jungen Menschen hier!

NoLager ist eine Gruppe, die sich für mehr Rechte von Geflüchteten einsetzt und Teil des Bündnisses gegen Abschiebung ist. Das Bündnis gegen Abschiebung konnte in den letzten 19 Monaten 36 Abschiebungen verhindern und wir kennen viele Geflüchtete, ihre Fluchthintergründe und ihre meist schlimmen Erlebnisse auf der Flucht. Freunde sind gerade an der mazedonisch-serbischen Grenze und berichten von den unzumutbaren Zuständen dort: Es ist kalt, es regnet und bis vor ein paar Tagen gab es nicht genügend Decken, Essen, kein Dach über dem Kopf und viel zu wenig Zelte. Die Menschen, darunter viele Familien, sind von der langen Flucht erschöpft und immer noch nicht am Ziel. Wären dort nicht freiwillig helfende Menschen, wäre der Zustand kaum noch vorstellbar.

Auch in Deutschland helfen viele Menschen, packen mit an und heißen Geflüchtete wirklich willkommen, das ist gut und wichtig! Aber wusstet ihr, dass bereits gestern eine neue Asylrechtsverschärfung mit großer Mehrheit im Bundestag verabschiedet wurde? Und genau heute, am 16.10. geht die Verschärfung durch den Bundesrat. Am 1. November soll das neue Gesetz in Kraft treten. Und dies in einem Moment, in dem nichts mehr benötigt wird als Orte, wo fliehende Menschen sicher sein können?

Wir möchten euch jetzt kurz über konkrete Punkte der Gesetzesverschärfungen informieren: Die maximale Aufenthaltsdauer in Erstaufnahmeeintrichtungen, wie der viel zu überfüllten in Bramsche Hesepe oder der im Natruper Holz wird von 3 auf 6 Monate erhöht. Menschen aus sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“ müssen bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens in der Erstaufnahmeeinrichtung wohnen bleiben. Sichere Herkunftsstaaten sind momentan Bosnien-Herzegovina, Ghana, Mazedonien, Serbien und der Senegal. Neu hinzukommen sollen Albanien, Kosovo und Montenegro. Geflüchtete, die aus diesen Ländern kommen, haben so gut wie keine Chance auf Asyl. Vielmehr soll ihr Verfahren möglichst rasch abgewickelt werden, damit sie ganz schnell wieder abgeschoben werden können. Solange die Geflüchteten in der Erstaufnahmeeinrichtung sind, dürfen sie den Zuständigkeitsbereich der Ausländerbehörde nicht verlassen. Dies bedeutet, dass für alle Menschen in Erstaufnahmeeinrichtungen eine strenge Residenzpflicht wieder eingeführt wird und sie Freunde und/oder Verwandte, die woanders untergebracht sind, nicht besuchen können.

Außerdem sollen die Geflüchteten in der Erstaufnahmeeinrichtung Sachleistungen statt Geld erhalten. Dabei wurden Sachleistungen vor ein paar Monaten erst aus Effizienzgründen abgeschafft. Laut Migrationsrat seien Sachleistungen unpraktisch, zu teuer und würden die Selbstbestimmung der Menschen untergraben. Wir alle wissen doch, wie viel es ausmacht, ob wir selbst entscheiden können, was wir kaufen oder ob wir Dinge einfach in die Hand gedrückt bekommen. Asylbewerbern und Asylberwerberinnen, die unter die Dublinverordnung fallen, werden die Sachleistungen sogar noch stärker gekürzt. Unter die Dublinverordnung fallen Menschen, die über ein anderes europäisches Land nach Deutschland eingereist sind und dort bereits registriert worden sind. Dublinfälle erhalten somit nur noch das allernötigste zum Essen, schlafen, wohnen, heizen und für die Körperpflege. Das gleiche gilt auch für Menschen, die nach ihrer Ausreisepflicht noch in Deutschland sind. Doch wie sollen die Menschen an einen Ort zurückkehren, von dem sie vor kurzem geflohen sind? Auch die Erlaubnis zu arbeiten, soll für viele Geflüchtete begrenzt werden. Laut Migrationsrat wird das Asylbewerberleistungsgesetz nun zu einem migrationspolitischen Steuerungsargument und das, obwohl das Bundesverfassungsgericht 2012 urteilte, dass migrationspolitische Gründe keinen Einfluss auf die Gewährung des Existenzminimums haben dürfen.

Außerdem dürfen Abschiebungen von den Ausländerbehörden in Zukunft nicht mehr angekündigt werden. Somit wird auch das Verhindern von Abschiebungen, das in Osnabrück und vielen anderen Städten Erfolg hatte, deutlich schwieriger, wenn nicht gar unmöglich. Die Gesetzesänderungen sollen den Druck auf Geflüchtete erhöhen und sie dazu bewegen, erst gar nicht nach Deutschland zu kommen. Staat und große Teile der Zivilgesellschaft arbeiten hier gegeneinander: Der Staat arbeitet auf Abschottung, möglichst wenige Asylbewerber*innen und möglichst viele Abschiebungen hin, viele Bürgerinnen und Bürger, engagieren sich aber dafür, dass es den Geflüchteten gut geht, sie die Sprache lernen, eigene Wohnungen und eine Arbeitsstelle finden und nicht abgeschoben werden. Die neuen Gesetzte sind menschenunwürdig! Wir fordern die Politik auf, die Asylrechtsverschärfungen sofort zu stoppen, das Geld nicht für Grenzsicherung auszugeben, sondern die Grenzen zu öffnen und sämtliche Energie darauf zu verwenden, allen Geflüchteten ein Ankommen mit Wärme, Willkommen, genügend Wohnraum und Bleibeperspektiven zu ermöglichen! Und dabei darf auch nicht zwischen angeblich guten und schlechten Geflüchteten – den oft so genannten Wirtschaftsflüchtlingen unterschieden werden! Gründe für die Flucht sind immer vielfältig, und fast immer spielt auch finanzielle Notlagen eine Rolle – oftmals heißt das konkret Hunger und Elend! Konkret bedeutet dies: von den geschätzt eine Million Geflüchteten, die jetzt nach Deutschland kommen, werden in kürzester Zeit Hunderttausende wieder abgeschoben werden – völlig Gesetzeskonform, weil sie vermeintlich kein Recht auf Asyl in Deutschland haben. Deshalb ist es gerade jetzt bitter nötig, dass wir alle Druck aufbauen auf die Kommunal-, Landes- und Bundespolitik sowie auch auf EU-Ebene. Druck, um eine Asylregelung zu erreichen, die nicht auf Abschreckung, Abschottung und Abschiebung beruht.

Solidarität mit Geflüchteten muss auch politisch werden!

Macht endlich Schluss mit der Festung Europa!

Refugees welcome, NO ONE is illegal!